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Alters- und Pflegeheime im Wandel

Autorenbild: Jan HoneggerJan Honegger

Seit meinem ersten Praktikum im Jahr 2010 habe ich ausschließlich in Alters- und Pflegeheimen gearbeitet, mit einer Ausnahme von anderthalb Jahren in einem größeren Kantonsspital. Bereits in dieser vergleichsweise kurzen Zeit ist mir eine bedeutende Veränderung in der Zielgruppe von Alters- und Pflegeheimen aufgefallen. Diese Veränderung wird nicht nur von mir, sondern auch von den Arbeitgebern und dem Pflegepersonal wahrgenommen. Sie macht sich in der Praxis stark bemerkbar und stellt eine Herausforderung dar, mit der umzugehen ist – sowohl in Bezug auf die Pflege und Betreuung als auch auf die Belegung und die Infrastruktur der Einrichtungen.

 

Doch worum handelt es sich bei dieser Veränderung überhaupt?

 

Zuerst das Positive: Die Möglichkeiten der Spitex erweitern sich ständig und werden immer flexibler. Das bedeutet, dass Menschen, die auf Pflege und Betreuung angewiesen sind, immer länger zu Hause bleiben können. Das ist vermutlich der größte Wunsch von uns allen. Nur selten verlässt jemand gerne sein Zuhause freiwillig, um in eine Einrichtung zu ziehen, insbesondere wenn dies bedeutet, ein Zimmer mit einem fremden Menschen zu teilen, wie es in vielen Heimen der Fall ist, manchmal sogar mit drei weiteren Personen.

 

Aber die Menschen werden auch immer älter und damit oft auch gebrechlicher. Wenn jemand so krank wird, dass er sich selbst in der Ernährung, Körperhygiene oder im Haushalt vernachlässigt, weil das Gedächtnis nachlässt oder andere psychische Erkrankungen auftreten, dann stoßen auch die Spitex-Dienste an ihre Grenzen, da eine Rund-um-die-Uhr-Pflege und Betreuung erforderlich wird. Auch für Angehörige stellt dies eine große Herausforderung dar, und es ist verständlich, dass nicht jeder damit umgehen kann. Denn dies erfordert Zeit, Geduld, Fachkenntnisse und auch finanzielle Mittel.

 

In solchen Situationen treten viele Personen in Alters- und Pflegeheime ein. Für Menschen, die stark weglaufgefährdet sind, gibt es geschützte Wohngruppen, die jedoch in ihrer Anzahl und Verfügbarkeit begrenzt sind. Alle anderen können in offenen Wohngruppen leben, jedoch können Verhaltensauffälligkeiten wie Suchterkrankungen, Schizophrenie, Demenz und Depressionen zu Unruhen mit anderen Bewohnern führen. Auch die Psychiatrien stoßen an ihre Kapazitätsgrenzen.

 

Was bedeutet das nun für Alters- und Pflegeheime?

 

Altersheime erscheinen mir ohnehin bereits überholt. Wie bereits erwähnt, werden Personen, die noch fit genug für ein Altersheim wären, heute dank der Spitex-Dienste zu Hause sehr gut betreut. Pflegeheime hingegen sehen sich mit der Komplexität von psychisch und physisch multimorbiden Menschen konfrontiert. Das macht die Arbeit in solchen Betrieben sehr interessant, spannend und abwechslungsreich, aber auch sehr anspruchsvoll. Deshalb ist eine gut funktionierende interdisziplinäre Zusammenarbeit von großer Bedeutung. Dies bedeutet, dass Fachärzte in ihren spezifischen Bereichen zusammenarbeiten und verschiedene Therapien in Betracht gezogen werden. Dafür gibt es Sozialarbeiter, Pädagogen, Aktivierungstherapeuten usw. Und es ist von entscheidender Bedeutung, dass das Pflegepersonal für die Pflege und Betreuung in Zusammenhang mit diesen Diagnosen gut geschult und weitergebildet wird.

 

Manchmal fühlt es sich in Alters- und Pflegeheimen an wie in einer Gerontopsychiatrie, und das ist nicht abwertend gemeint. Jedoch sind die Rahmenbedingungen noch nicht überall gegeben. Doch ich spüre auch, dass das Bewusstsein vorhanden ist und Veränderungen geschehen. Es gibt immer mehr geschützte Wohngruppen mit durchdachten Konzepten. Auch Übergangswohngruppen werden gestaltet, in denen Klienten vorübergehend leben können, um ihre Situation zu stabilisieren, bevor sie wieder nach Hause gehen. Dies entlastet auch die Krankenhäuser. Viele Arbeitgeber bieten den Pflegenden Weiterbildungen zu diesen Themen an.

 

In Psychiatrien ist bereits geschultes Personal vorhanden, welches sich bewusst für dieses Fachgebiet entschieden hat. In Alters- und Pflegeheimen arbeiten immer noch viele Pflegende, die zwar Profis in der Geriatrie sind, aber in der Vergangenheit kaum mit diesen Themen konfrontiert waren und sich heute das Fachwissen dafür aneignen müssen. Auch der Personalschlüssel unterscheidet sich je nachdem, ob man in einem Alters- und Pflegeheim oder in einer Gerontopsychiatrie arbeitet. Deshalb erfordert dies eine kontinuierliche Anpassung und Weiterentwicklung der Strukturen und Dienstleistungen, um den Bedürfnissen der älteren Menschen gerecht zu werden. Dies erfordert nicht nur eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Fachkräften und Einrichtungen, sondern auch eine verstärkte Sensibilisierung und Aufklärung der Öffentlichkeit über diese Themen. Letztendlich liegt es in unserer Verantwortung, sicherzustellen, dass ältere Menschen die Unterstützung und Betreuung erhalten, die sie verdienen, und dass ihre Lebensqualität auch im Alter gewahrt bleibt.



 
 
 

1 Comment

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Guest
Aug 31, 2024
Rated 4 out of 5 stars.

Ich finde den Artikel sehr spannend. Es deckt sich auch mit meinen Erfahrungen aus einem Alterszentrum mit einer spezialisierten, alterspsychiatrischen Abteilung. Aus meiner Sicht braucht es diese fokussierten Einrichtungen, die mit gezielt geschultem Personal arbeiten können, um die sehr komplexen Stituationen möglichst gut meistern zu können.

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